Monday, 22 June 2009

25. - 30. Mai, Noto Halbinsel

Nachdem ich in den letzten zwei Wochen nur Berge gesehen habe, ist es jetzt Zeit für einen Tapetenwechsel. Meine Reise ging weiter auf der Noto Halbinsel, beginnend in Kanazawa. Dann fuhr ich in den Norden nach Wajima und wieder in Richtung Süden nach Tayama. Dafür benötigte ich fünf Tage und fuhr 450 km am Meer entlang. In Kanazawa wurde ich wieder von Minorou geweckt, der mich in sein Haus einlud, wo es Misosuppe und Reis zu essen gab. Ich verließ Kanazawa mit einem lachenden und einem weinenden Auge – ich habe dort wirklich nette Leute kennengelernt und mich schon richtig an diese weltoffene Stadt gewöhnt. Es waren die vier schönsten Tage hier und das, obwohl ich nicht mal alles von der Stadt gesehen habe. Das muss dann wohl bis zum nächsten Besuch warten. Jetzt war ich erst mal glücklich die Straße unter meinen Reifen zu haben. An diesem Tag sah ich das Japanische Meer zum ersten Mal. Ich nahm eine mautpflichtige Straße (oder besser, deren schönen Radweg), um nach Wajima im Norden zu gelangen. Die japanischen Rad- und Gehwege sind ausgezeichnet und so führte mich der Weg direkt zu meinem Ziel. Ich versuchte so dicht wie möglich beim Meer zu bleiben, was manchmal auch bedeutete, dass ich vom Rad absteigen musste, um über Sanddünen zu kommen, die auf den Radweg vorgedrungen waren. Das erste wirklich Interessante am ersten Tag war die Autobahn an der Küste, eine Straße direkt am Strand, kein Beton, nur Sand. Es gab zweispurigen Verkehr, ohne Verkehrszeichen und natürlich existierte auch kein Standstreifen. Auf der einen Seite Wasser, auf der anderen Dünen und einige kleine Geschäfte. Ich musste auf dieser Straße vorankommen. Die nächsten 2 km fuhr ich auf Sand, der durch die darauf fahrenden Autos gefestigt war. Am Abend schlug ich mein Lager an der Küste auf, von wo man einen atemberaubenden Blick über Gammon hatte (eine felsige Küste mit vielen Höhlen). Am nächsten Tag kam ich nach Wajima, wo ich dringend ein Ofuro (öffentliches Bad) finden musste. Nachdem ich dies bewerkstelligt hatte, ging ich in einen Supermarkt und dann zurück zu meinem Zelt am Strand. Dort lernte ich Yoshiaki und Nishiyama kennen, zwei befreundete Reisende auf Motorrädern. Wir hatten abends viel Spaß bei den Versuchen uns auf Englisch und Japanisch zu unterhalten. Am nächsten Tag ging ich in die Stadt, um den morgendlichen Markt anzusehen. Wajima ist eine Stadt des Fischens und der Markt bestätigte dies. Wajima ist auch bekannt für ihre langlebigen und farbenfrohen Lackerzeugnisse und es gibt dort viele Läden die das traditionelle Kunsthandwerk zum Verkauf anbieten. Ich habe nicht versucht den Fisch zu essen und die Lackwaren waren sehr teuer, deswegen bin ich nur umhergebummelt. Ich ging in ein Geschäft, da ich dachte eine Post gefunden zu haben, aber es stellte sich als ein Likörgeschäft heraus, an dem außen Fahnen einer Postfiliale hingen. Wie auch immer, dort konnte ich kostenlos das Internet nutzen. Abends habe ich gemeinsam mit Yoshiaki ein Lagerfeuer gemacht und er bot mir gegrillten Fisch an – da konnte ich nicht nein sagen. Das war keine leichte Entscheidung, da ich seit sechs Jahren keinen Fisch mehr gegessen habe. Die Waage in einem öffentlichen Bad hat mir gesagt, dass ich acht Kilo abgenommen habe. Das w
ar kein gutes Zeichen und dass ich mich von Bohnen und Tofu ernährte, um viel Eiweiß zu mir zu nehmen, war nicht genug. Von da an wollte ich jeden Tag Fisch essen, mindestens 1,5 kg in drei Tagen, um mein Gewicht zu halten. Der Fisch muss meinem geschundenen Körper gut getan haben – meine Handgelenke hörten auf zu schmerzen und meine Beine erholten sich schneller vom Radeln. Von Wajima fuhr ich zum äußersten Nordosten um den Leuchtturm, sowie die berühmten Terassenreisfelder und den Onsen zu sehen. Trotz der anstrengenden Fahrt an der Küste war der Tag eindrucksvoll. Der Onsen sorgte dafür, dass es sich lohnte. Nach nun mehr 120 km war ich sehr müde und ich wollte einfach am Straßenrand umfallen. Ich blieb am Strand und baute dort einfach mein Zelt auf. Freundliche Einheimische rieten mir kein Feuer zu machen, aber ich wollte nur noch essen (Salat und 500g frischen Fisch) und schlafen. Am nächsten Tag ging es erneut 80km die Küste entlang, mit einer atemberaubenden Sicht auf die Berge, welche über 250km weit weg und über 3000m hoch sein müssten und immer noch so furchteinfloessend wirkten, weil ich weiß, ich muss sie wieder überqueren.
Am 30. kam ich nach Toyama, wo ich unbedingt einen Ofuro, einen Fotoladen, einen Supermarkt sowie einen Zeltplatz finden musste.
Ingesamt habe ich nun 1180 km absolviert, aber einer der schwierigsten Teile würde noch kommen, die Nördlichen Alpen und 500km. Mein Körper wird nun schneller müde, aber ich bin mir sicher, dass mit einer besseren Ernährung und mit einfach mehr Esse n alles gut wird.


Hier einige Statistiken:
Gewicht bei Beginn der Tour : 80 kg
Gewicht zurzeit: 72 kg

Insgesamt gefahrene Strecke: 1180 km
Durchschnittliche Tagesentfernung: 70km
Längste Tagesentfernung: 120km

Hoechstgeschwindigkeit: 68 km/h
Niedrigste Geschwindigkeit: 2 km/h (mit letztendlichem Stillstand bei dem Weg hinauf zum Noto Leuchtturm)

Tägliche Mahlzeiten: 6 Scheiben Weizentoast, 2 Eier, 1 Tomate, 1 Grapefruit, 3 Bananen, 100 Bohnensprossen, 1 kleine Gurke, 300g Tofu oder 500g Fisch, 100-180g Erdnüsse
Tägliche Getraenkemenge: 3-4 L (Tee, Wasser, Saft)

Reparaturen am Fahrrad: 2 platte Reifen, 1 Hinterreifenwechsel (verschlissen), 1 Fahrradschlauchwechsel (kaputt), 1 Bremsblockwechsel (abgenutzt), Gepäckträger fixiert (die Verschweißung löste sich), vorderes Zahnrad repariert (eine Schraube verloren und das Zahnrad verbogen)

Geschriebene Tagebuchseiten: 60 DIN A4


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