
Das hier ist ein ziemlich langer Bericht über die letzten vier Tage in Kanazawa. Es kam mir vor als kannte ich diese Stadt bereits als ich in Kanazawa, nach einer 30 km langen Fahrt, ankam. Ich habe auch bald einen Platz für mein Zelt, am Fluss, nahe der Stadt (10 Minuten mit dem Rad) gefunden. Mein Zelt lag im hohen Gras verborgen (Bild rechts) und es kamen nur ab und zu ein paar Anwohner vorbei, die mit ihren Hunden Gassi gingen. Dann bin ich losgezogen, um die Stadt zu erkunden und um ein wenig Orientierung zu gewinnen, denn hier leben eine halbe Million Menschen, meist Japaner, aber auch einige Ausländer, die aus allen möglichen Orten der ganzen Welt stammen.
Kanazawa liegt direkt am Japanischen Meer und ich war sehr froh das endlich mal zu sehen, nach 700 km Bergen. Die Stadt ist bekannt als „Eine Million Koku (Reisscheffel) Stadt“ und unter dem mächtigen Maeda Clan wurde sie eine der reichsten Städte Japans in der Edo-Zeit (Die Tokugawa-Zeit von 1603 bis 1868 und die vormoderne Ära). Unter der Herrschaft der Maedakultur, blühten Kunst und Handel auf und die Stadt wurde schnell ein Zentrum für verschiedenste Arten des traditionellen Handwerks, wie z.B. Lackieren und Goldplattierung, aber auch für die Schauspielkunst. Die Stadt ist in Bezirke aufgeteilt, die Samuraibezirke (mit alten, traditionell gebauten Häusern und gut erhaltenen Straßen), die Geishabezirke (mit Teehäusern und „Ryokans“), die Tempelbezirke (bestehen hauptsächlich aus buddhistischen Tempeln und Pagoden). Kanazawa ist auch das Zuhause des berühmten Kenroku-en, einem wunderschönen Garten, von dem es nur drei weitere in ganz Japan gibt.
Den Garten musste ic

h mir am frühen Morgen ansehen. Ich war dort als er gerade geöffnet wurde, um 7 Uhr. Die Reisebusse kamen zwischen 8 und 9 Uhr. Ich hatte den ganzen Garten (Bilder links) für mich alleine, das war eine wundervolle Erfahrung. Der Name des Gartens ist von den sechs Eigenschaften einer perfekten Landschaft abgeleitet: Geräumigkeit, Abgeschiedenheit, Geschick, Altertum, Wasserwege und eine malerische Landschaft. Es gibt dort verschiedene Landschaftsformen, wie Flüsse, Plantagen, Waldgebiete und Berge, diese werden auf typisch japanische Art präsentiert. Teehäuser findet man dort überall. Das wollte ich mir ansehen. Ich wurde von einer Frau in einem Kimono empfangen, sie lud mich in das Teezimmer ein und sie brachte mir Tee und Süßes (300 YEN). Danach zeigte sie mir den anliegenden Teehausgarten und das Teehaus selbst, in dem ich viele Gemälde im Zen-Stil un

d Blumen entdeckte. Nach 15 Minuten kam eine andere Frau im Kimono herein, sie deutete auf den abgesonderten Garten, der sich in der Mitte des Hauptgartens befand. Man konnte ihn dennoch nicht von dort aus erreichen. Ich ging hinein und suchte mir einen Platz auf dem Boden. Die Frau kniete sich einen Meter hinter mir hin und so saßen wir dort und genossen den Frieden und die Stille. Ich habe es nicht bekommen, dass sie gegangen ist. Nach einer Weile dämmerte es mir, dass diese Zeremonie eine typische japanische Geste ist. Statt einem einfach nur zu sagen, man solle sich den Garten ansehen, wurde dieser Moment mit einem geteilt. Das war der Aha-Effekt und bot mir einen tieferen Einblick in die japanische Kultur. Ich saß dort noch weitere 15 Minuten und verstand nun auch warum die Bäume dort so klein gehalten wurden – sie waren eine Miniaturausgabe der Natur. Die kleinen Bächlein waren Flüsse und auch die Steine wirkten nach einer Weile wie Gebirge. Dieses Verständnis inspirierte mich ungemein. Es ist irgendwie schwer das zu beschreiben. Im Anschluss habe ich mir den Myoryuji Tempel (auch Ninja Dera genannt) angesehen, den man nur besuchen darf, wenn man im Voraus gebucht hat (dank der Touristinformation im Bahnhof von Kanazawa, wusste ich das). Die Tour wurde ausschließlich in Japanisch angeboten. Es gab aber auch ein ziemlich gutes Handbuch in englischer Sprache. In dem Tempel gibt es viele Falltüren, versteckte Treppen und auch wenn es ein buddhistischer Tempel war, war er für die strategische Verteidigung der Stadt gedacht. In dieser Gegend gab es früher viele Samurai und somit auch noch einige ähnliche Anlagen, die solide gebaut waren, nahezu unüberwindbare Tore hatten und sich in sicherer Lage befanden. Die Straßen endeten hier in T-Kreuzungen, sodass es für eine angreifende Armee schwer war zur Hauptfestung zu gelangen. Kanazawa explodiert förmlich vor Märkten, wie z.B. dem Omi-Cho, auf dem sich über 100 Stände befinden, an denen frischer Fisch, Gemüse und lokal produzierte Lebensmittel angeboten werden. Es war schwer, nicht mein gesamtes Tagesbudget hier auszugeben.
Das Nachtleben von Kanazawa ist ziemlich cool und ich kann n

ur die „Pole, Pole Bar“ empfehlen, dort gehen viele Gajin hin und die Japaner sprechen da sehr gutes Englisch. Ich hatte eine gute Zeit hier, ich war seit zwei Wochen nicht mehr in einer Bar. In Kanazawa traf ich Minorou-san (Bild rechts) ein Handwerker, der seine Waren (Theatermasken und Instrumente) in der Nähe von meinem Zelt verkaufte. Er zeigte mir sein Zuhause, wo ich verschiedene Gerichte probieren durfte, beispielsweise gegorene Sojabohnen und eingelegte Pflaumen. Er zeigte mir verschiedene Schwertkampftechniken. Da habe ich auch Ikuko-san (im unteren Bild rechts), eine Sängerin und Songschreiberin, die ich im Bahnhof von Kanazawa live erleben durfte. Sie war so nett und hat für meine 1000 Meilen Challenge Werbung gemacht, vor dem gesamten Publikum. Ich bin doch „hashgashi“

(schüchtern)… Sie macht großartige Musik mit Kristallschalen und ihre Stimme versetzte die Leute in eine meditative Stimmung, obwohl es bei der Veranstaltung ziemlich laut war. Diese Stadt hat wirklich mein Herz gewonnen und ist einer der coolsten Städte Japans. Mein letzter Tag war sehr schön. Yayoi-san hat mir den Oyamnaschrein gezeigt und mich im Samuraiviertel herumgeführt, mit seiner außergewöhnlichen Anordnung und dem besonderen Baustil. Das ist mir entgangen als ich beim ersten Mal allein mit dem Fahrrad hier war.
Danke an all die tollen Menschen, die mir diesen wundervollen und langen Aufenthalt in Kanazawa ermöglicht haben und mir die Besonderheiten der Stadt gezeigt haben (besonders die Süßigkeitengeschäfte) und die einen Fremden so offenherzig willkommen hießen. Danke auch an alle anderen, die mich bei diesem Abendteuer unterstuetzen!
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