Sunday, 24 May 2009

Montag, 18. Mai - Es geht bergauf, buchstäblich...

Ich wurde von einem Mann mit einem Taschenradio geweckt. Dann bin ich schnell aufgestanden, habe mich angezogen und das Zelt sauber gemacht, damit ich bald abreisen konnte. Innerhalb von zehn Minuten kam der Mann wieder mit jemand anders. Ich habe den beiden erklärt, wo ich herkomme, warum ich hier bin und wo ich heute hin wollte. Das schien sie beruhigt zu haben. Einer von ihnen hatte eine Armbinde und war wahrscheinlich dafür verantwortlich nach dem Tempelgrundstück zu sehen, da er auch Holz aufsammelte, das bei dem Regen und den Stürmen in den letzten zwei Tagen herunter gekommen war. Er kam zurück zu meinem Zelt, um sich mit mir zu unterhalten. Er hat Deutsch in der Schule gelernt. Der Mann konnte immer noch Passagen aus Gedichten von Theodor Storm rezitieren und erinnerte sich auch noch an ein paar andere interessante Wörter. Er sagte dann „Kyotsukete“. An die Bedeutung des Wortes konnte ich mich nicht mehr erinnern, aber es kam mir bekannt vor.

Ich packte dann schnell meine Sachen und war um 10 Uhr abfahrbereit. Um nach Takayama zu kommen wollte ich die R158 nehmen. Das ist eine Strecke von ziemlich genau 100 km, die wieder über die Japanischen Alpen, durch den Chibusangaku Nationalpark in 2000 m Höhe führten. Glücklicherweise hat es aufgehört zu regnen und ich konnte mit Sonnenschein in den Tag starten. Ich habe ziemlich schnell aus der Stadt herausgefunden, dank meiner Karte. Auf meinem Weg zur R158 traf ich auf einen anderen Reisenden – Matthias aus Frankreich (Bild rechts). Er bereist seit nunmehr 13 Jahren die ganze Welt, worunter auch drei Jahre in Japan sind. Er war zu Fuß unterwegs und hatte sein Gepäck auf einer Rollvorrichtung untergebracht. Per Anhalter wollte er in die Berge kommen. Wir haben uns nett unterhalten und er hat mir dann noch erklärt, dass „Kyotsukete“ „pass auf dich auf“ bedeutet. Wir ließen ein paar Fotos von uns machen. Dann verabschiedeten wir uns mit „Kyotsukete“, „Bon Voyage“ und „See you in the mountains“. Und so kam es auch. Ich traf ihn, nach anstrengenden 40 km bergauf, an der Straße als er gerade auf seine nächste Mitfahrgelegenheit wartete. Wir unterhielten uns noch ein bisschen, er erzählte mir, dass er Fotograf ist und auf dem seinem Weg durch die Berge auf der Suche nach abgelegenen Dörfern ist. Er verbindet seine Reisen immer mit der Arbeit und verdient sein Geld damit seine Bilder zu verkaufen oder auch mit anderen Jobs. Es war sehr angenehm sich mit ihm zu unterhalten, sein Englisch und Japanisch waren sehr gut. Vielleicht würde ich ihn in Takayama wieder treffen. Er fragte mich ob wir zusammen essen sollten, aber ich hatte noch eine Stunde Fahrt vor mir, um wenigstens die Hälfte der Strecke geschafft zu haben.

Weitere schreckliche 15 km bis es endlich Mittag bei einer Naturheilquelle gab. Dort habe ich Kirschbäume entdeckt, die noch in voller Blüte standen – eine Seltenheit, da die Blüten normalerweise um diese Jahreszeit bereits verwelkt sind. Dies ist ein Anzeichen dafür, wie hoch in den Bergen ich mich befand. Ich bin durch 18 Tunnel gefahren, der längste war diesmal 4000 Meter lang und hatte keinen Seitenstreifen. Man musste dort aber Maut zahlen an einem Automaten und ich habe vergebens versucht meine 1000 YEN in die Maschine zu stecken. Die Autofahrer hinter mir mussten warten und einer von ihnen kam auch schon aus seinem Fahrzeug. Ich wurde dann aber gerettet von einem Mitarbeiter der Mautstation, der mir half mein Fahrrad auf die andere Seite der Barriere zu tragen und mir erklärte, dass ich nicht zahlen müsse.

Ich befand mich nun in einer der Skiregionen und die schneebedeckten Gipfel waren scheinbar so nah, dass man sie fast berühren konnte (Bild links). Ich konnte die Skilifts sehen und auch die Piste. Das muss schön sein im Winter. Ich habe den Mitarbeiter der Mautstelle gefragt wie viel höher es noch ginge und er erklärte mir, dass es noch ein paar steile Wege wären und dann wäre es geschafft.

Ich fuhr die Serpentine hinauf und kam zu einer Baustelle mit nur einspurigem Verkehr. Diese Baustellen werden immer von zwei Leuten mit roten und weißen Flaggen und Walky Talkys gemanagt. Ich fuhr an einem von ihnen vorbei und dann brauchte ich ganze zehn Minuten, um die Baustelle zu passieren, da ich zwischendurch anhalten musste um Luft zu holen. Der Mann auf der anderen Seite grinste mich an und ich drehte mich um, um die Schlange von Autos zu bemerken, die sich hinter mir gebildet hat und darauf wartete, dass ich endlich die Straße räume. Hihi… Noch ein Tunnel und dann war es geschafft! 70 km bergauf hatten endlich ein Ende. Ich war an der anderen Seite des Parks angelangt. Takayama war noch 30 km entfernt. Ich sah ständig Busse, die Touristen in den Park brachten und Leute, die die vielen Quellen und Naturbäder genossen.

Am Gipfel des Berges sprach ich mit einem Paar, die Kräuter gepflückt haben (Wasabi, u.a.) und habe mich nach dem Onsen in Takayama erkundigt. Von nun an ging es nur noch bergab und ich habe meinen neuen Rekord aufgestellt: 68 km/h. Dazu musste ich mich aber auf die Lenkerstange legen und wie verrückt strampeln. Die nächsten 30 km vergingen wie im Flug. Für den Weg nach oben habe ich sechs Stunden gebraucht, für den nach unten 45 Minuten. Das war eine schöne Belohnung. Mein Herz machte einen Freudensprung und ein paar Motorradfahrer haben gehupt und mir Daumen nach oben gegeben.

Als ich endlich in Takayama ankam, hielt ich an einem Tempel, in dem sich auch eine Jugendherberge befand, um meine Geräte, die Akkus haben, aufzuladen und ein Bad im tempeleigenen Onsen zu nehmen. Die Jugendherberge war sehr schön und fühlte sich schon fast luxuriös an. Als Tempel werden dort die strengen Schließzeiten (21.45 Uhr) und die Nachtruhe (22 Uhr) sehr genau beobachtet. Morgens konnte man Trommeln und Gesänge aus den Schlafsälen hören. Ich war einer von nur drei Gästen und habe dort sehr gut geschlafen.

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